andreas weiland
[begegnung, am rande]
während dort der himmel
sich rötet,
während er's immer noch
rötet, das gedränge
geschiebe der wolken –
dringt aus unendlicher ferne
ein licht ein
tritt gelblich,
& fahl,
in diese brennende welt...
& blau,
wie ein traum
von trauriger heiterkeit
blau,
hinter geschwungenen gittern
zieh'n ebenfalls
wolken
lösen sich auf
blau,
im rücken
der jungen frau
die das haar kurz trägt
unterm roten piratentuch
dem tuch der traurigen...
der rebellin...
Ihr blick aber geht
nachdenklich
– ist es: in eine tastbare ferne?
kaum noch erinnert, jetzt?
eine so große
& doch
sich versagende nähe?
Ich seh ihre lippen
wie zum vorwurf geschürzt
Nachdenkliche! Traurige, dort!
In ihr brennt die wunde der liebe –
zärtlicher noch, die der
gerechtigkeit
deren spur sich verlor
als hätte man nie
sie begriffen...
Und wenn sie verloren auch sei –
nie begriffen –
so erinnern wir doch
heiter, den entwurf einer welt
so anders
so frei
Verloschen, nicht, in ihren augen der
glanz berührt uns doch
was immer es sein mag, in ihr, diese sehnsucht
und sanft, voll schmerzendem vorwurf
spricht etwas
aus ihnen, zur welt
die so heiter nicht mehr
wir sehen’s – sie lodert
zum himmel, & rauch
steigt auf, & dann
der schwärzliche koffer
/ als ginge
jemand auf reisen /
ein geheimnis, verschlossen
& erzählt es uns nicht
bündel
erinnerung
zukünftiger schrecken
& die augen geöffnet
der blick
trifft uns
Nach: Doris Schöttler-Boll, ‘Haut‘ (1988) |