Pak Chong-hwa

Eine leere Stadt

Obschon eine leere Stadt, scheint doch der Mond auf sie.
In seinem Licht verharren die Häuser der Stadt in Totenstille.

Hier, einst Schlachtfeld,
wo so viel Tod gesät ward
durch die Flammen und den Hagel der Granaten,
hängt der Mond am Firmament,
herzlos,
tränenlos.

Ihr Menschenwesen, dumm genug seid ihr,
einander zu töten und zu vernichten,
wo doch weder der Mond
noch die Sonne Tränen vergießt.
Nur der Ch'onggye Fluß
fließt durch die Stadt – 
voller Mondlicht.

Dunkler Strom des Wassers
im Mondlicht, 
und tanzende Knochen.
Die Knochen all jener,
die verbittert starben,
tanzen vor Leid.
Knochen aus der Schlacht
einst, in diesen unerbittlichen Straßen.
 
 


Korean city after air raids by US air force
 
 

Pak Tu-jin

Fluß der Einsamkeit

Die Sonne blutet Licht auf den Fluß.
Nacht leuchtender Feuer,
fortgetrieben, von der Einsamkeit.

Endloser Tauschhandel zwischen Tier und Tier
um das Ende von morgen.
Vor dem blauen Beil auf dem Hackklotz
liegen Frieden und Freiheit,
hilflos.

Einer Katze feurige Augen – 
Zeuge, für diese Nacht,
einen fernen Morgen.
Das blutige Dokument
herausgespuckt aus dem Hals einer Krähe. 

Wind wird zu Wein.
Das Licht der Sonne zu Tränen,
der Zeremonienmeister
dieser Welt und der nächsten
ist jetzt still.

Der letzte Blumenstrauß
für das Grab und die Hochzeit
ist zertrampelter Schneematsch der Verzweifelung.

Wie ruhevoll sie ist, diese Nacht,
und sanft der gezähmte, kolonisierte Verstand.

Die flatternde Fahne, ein herabgezog'nes Signal;
selbst Wolken und Wind rebellier'n auf den Feldern.

Am einsamen Flußufer,
wo eine Taube verendete,
rufend, nach dem Gefährten

wiehert zitternd
ein altes, blindes, bronzefarbenes Pferd
die ferne Dämmerung an. 
 
 
 


aw, "Korean sunset"
 
 
 
 
 
 

Kim Chi-ha

Niemand

Von hier
den ganzen Weg dorthin – 
überhaupt niemand.

Über einem schwarzen
Fluß, auf einer Brücke
aus Stein, wo das Mondlicht stürzt,
in dieses seltsam schöne Haus – 
überhaupt niemand.

Dunkel,
die Mitte eines alten Traums –
von meinen verdrehten Gliedern zerquetscht
       von der Münze die rollt
                           rund im Mond – 
   ist dunkel

und auf der Straße, die führt
weg von mir,
                    der ich sterbe
im blaugefärbten Gehirn – 
überhaupt niemand.
 
 
 


Three South Korean civilians, about to be exectuted
by the South Korean national police
 
 
 
 

Kim Chi-ha

Gelbe-Erde-Straße

Die Straße entlang durch die gelbe Erde
folge ich den herabgefallenen Tropfen
Bluts, Vater.
Wo du starbst,
                      Schwärze, jetzt.
Es brennt nur die Sonne.

Schweiß, Tränen, und die die Gerste versengende
Sonne.
            In der Hitze draußen,
Vater, unter den Bajonetten und den Mündungen der Geschütze
gehe ich zu dem Ort, wo du starbst
in einem Reissack, während Meeräschen hüpften
und sich wanden, am Ufer
des Altvaterbachs.

Jede Nacht stiegen Leuchtfeuer auf über'm Op'o Berg
bis eines Tages Licht fiel auf das Land,
über diese gelbe Erde
                                die beharrlich ist wie die Kraft die
Erneuerung bringt für die Milchorangen, für ihr einziges inneres Blatt
das grün ist wie das salzige Wasser der See.

Laß uns die Demo-Rufe ausstoßen,
           die so hell schimmerten wie der Tag 
und die Lieder singen, jenes Tags.

In Hwadang, wo der Bambus wächst,
ganz rund und mit dünnen Knoten, 
steigt das Blut in den Brunnen hoch,
alle zehn Jahre:
                            Vater, 
geboren auf Erde, die unfruchtbar ist und kolonisiert,
und gefällt von Geschützen und Bajonetten:
In den Wassertropfen,
die sich auf jungen Bambußschößlingen bilden,
erkenn ich, klar wie ein Kristall, den Mai.

Dann der lange, grausame Sommer,
als selbst die kleinsten Kinder hungerten;
der heiße Sommer grenzenloser Tyrannei
erreichte zuletzt
alle Pfade des Landes,
die Gelbe-Erde-Straße,
unsere Hoffnungen.

Während ich den Küstenpfad 'lang geh, wo verschliss'ne Boote
in der Sonne faulen, 
und die fahlen weißen Furchen 
der Buchweizenfelder durchquer',
um anzuwirbeln, gegen den hohen Himmel, 
ist's nun zehn Jahre schon
seit jenen Rufen und Schrei'n.

Ich spür' deine Stimme wieder
in diesem Atem und Fleisch, das gefesselt ist mit Draht.
Vater, ich gehe zu dem Ort am Bach,
wo die Meeräschen hüpfen und sich winden, zu dem Ort,
wo du starbst, in einem Reissack.
 

                                                          Deutsch von ~aw~
 
 
 
 
 
 

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