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Kunst Nachrichten
 

Zeitgenössische belgische Kunst in Duisburg

Von Gerd Korinthenberg
13. Mär 2008, 14:15
 

Duisburg - Der Pilot in Fliegermontur, der nicht fliegen kann, steht neben einer traurig gebeugten Gestalt unter ärmlichen Decken. Der abstruse Nonsense-Flieger ist eine Skulptur Panamarenkos (67), des Altstars belgischer Gegenwartskunst. 
 

Die Skulptur an seiner Seite stammt von der international gefeierten Newcomerin Berlinde De Bruyckere aus Gent. Beide sind gleichsam «Schlüsselfiguren» zur Kunstszene des Nachbarlandes, die das Duisburger Museum Küppersmühle vorstellt. 
 

Der wohl seit vielen Jahren gründlichste Überblick über aktuelle Tendenzen belgischer Kunst in einem deutschen Museum ist unter dem programmatischen Titel «Der eigene Weg» bis 8. Juni mit den Positionen von 16 Malern, Bildhauern, Objektemachern oder Videokünstlern nur in der Ruhrgebietsstadt zu sehen. 
 

Wer sich zur Kunstreise durch die Museumssäle zum so nahen und doch so fernen Nachbarn aufmacht, muss mit Überraschungen rechnen: Ein Zug von Melancholie und Morbidität, «ketzerischer» Religiosität, spielerischer Sinnlosigkeit und intelligent provoziertem Grauen liegt in der Luft. Belgiens Künstler der Jetztzeit scheinen damit legitime Enkel des geheimnisvollen Malers James Ensor (1860-1949) aus Ostende zu sein, der all dies in seinen genialen Gemälden formuliert hat. 
 

Panamarenkos natürlich nicht funktionierende Flugmaschine «Eisvogel» (2003) schwebt wie eine Riesenlibelle an der Hallendecke und nimmt Kurs auf Jan Fabres 9 Meter mal 14 Meter große Leinwand «Blaue Stunde» (1987), die zwar mit millionenfachem Kugelschreiberstrich tiefblau gefärbt, aber doch kein lockender, grenzenloser Himmel ist. 
 

Belgiens gefeierter Maler Luc Tuymans gewinnt dem traditionsbelasteten Motiv der Kreuzigung Christi mit einer neblig- verunklarten Golgatha-Szene ebenso neue Seiten ab wie Wim Delvoye. Auch der «Installateur» aus Gentbrugge zwingt mit seinem abstrus zerdehnten und verdrehten riesigen schwarzen Bronze-Kreuz «Jesus Twisted» (2006) wieder zum genauen Blick auf das längst für «verbraucht» gehaltene Glaubensbild. 
 

Ann Veronica Janssens aus Brüssel lädt in Duisburg zum Eintritt in einen total vernebelten Raum, in dem eine scheibenartige Lichtprojektion sicheren Halt und Orientierung vorgaukelt und Koen Vanmechelen präsentiert in Foto und Zeichnung sein Hühner-Projekt, in dem er durch jahrelange Kreuzungen des Federviehs den aktuellen Genetik-Wahn karikiert. 
 

Der erst 26-jährige Matthieu Ronsse schlägt als «Junior» der belgischen Künstlerriege mit einer Collage aus museal präsentierten Alltagsgegenständen, Bildern und seinem Schlagzeug eine Brücke zwischen Kunst und wirklichem Leben. 
 
 

www.museum-kueppersmuehle.de 

© 2008 dpa - Deutsche Presse-Agentur