Angelo Evelyn
Eine andere Zeit, ein anderer Ort
Deux hommages à mon père et ma mère
Welche Erinnerungen werden wach angesichts der Photos
von Eltern, die schon lange tot sind? Welche Bilder würde man auswählen,
als Epitaph?
Das offensichtliche, das sensationelle, das banale.
Der Wunsch, als « hommage» an
meinen Vater und meine Mutter eine Serie von Druckgraphiken zu schaffen,
ließ mich während eines Besuchs bei meinem Bruder in Toronto
rasch einige Bilder aus einer Sammlung von Photo-Alben auswählen.
Eine objet trouvée Strategie, die ich im Zuge der Hervorbringung
zahlreicher Arbeiten schon seit Jahren immer wieder genutzt habe. Eine
Methode, die mir hilfreich erscheint, einen Eingang in das « kreative
Labyrinth » zu finden.
Als ich die beiden, den Ausgangspunkt der hier ausgestellten
Arbeiten bildenden Porträts betrachtete, fragte ich mich:
Wer sind diese Menschen? Ich transformierte die Abbilder, wobei Radierung
(etching) und silkscreen Technik zum Einsatz kamen. Das photographische
Abbild wurde auf Zinkplatten übertragen unter Verwendung einer gouache
Technik.
Ist die Arbeit, welche meinen Vater in seiner Marine-Uniform
zeigt (er starb, als ich 11 war, im Jahre 1953 nach einer langen
und schmerzhaften Krebserkrankung) Ausdruck des Wunsches eines
Kindes oder ein reifes Abarbeiten eines Kindheitstraumas? Das Photo weckt
starke Gefühle von Trauer und Verlust in mir. Das vollendete Werk
ist dagegen weit weniger stark emotional besetzt. Seine metonymische Stärke
bezieht es, wie mir scheint, aus der mehrfachen (or: zwiefachen [you decide
that!]) Reproduktion des Porträts und den verschiedenen Tapetenmustern,
die darunter (or: darüber [you decide that!] ) gelegt sind.
Das Bild meiner Mutter zeigt sie als stark, stolz und
beinahe arrogant (sie war italienischer Abstammung). Es entstand ungefähr
zu der Zeit, als sie meinen Vater kennenlernte.
Diese hommage hat für mich eine andere Bedeutung
als jene für meinen Vater, den ich – auch aufgrund seines allzu frühen
Todes – nie wirklich kannte. Die Erinnerungen an meine Mutter sind
komplexer und ambivalenter, polarer und weniger mythologisch. Die Erinnerung
an sie ist weitaus lebendiger. Die komplexe Intertextualität, welche
aus dem Zusammenspiel von stilisiertem Salon-Porträt, floralen Rokokko-Tapeten,
und den verschiedenen, über einander gedruckten Farben resultierte,
läßt sowohl metonymische wie metaphorische Lesarten zu. Der
miteinander im Wettstreit liegende deskriptive und emotionale Gehalt ist
reich an Erinnerungen für mich.
Biographie
Angelo Evelyn, geb. 1942 in St. John, Canada
Evelyn studierte Physik und Mathematik an der Universität
von British Columbia in Vancouver, bevor er im Jahre 1970 als Autodidakt
in Montréal seine künstlerische Karriere begann.
Ab 1979 studierte er Kunst an der Hochschule für
Gestaltung und Musik in Bremen; er schloß dieses Studium 1983 mit
einem Diplom in 2D design [zweidimensionalem Design] ab. Er vertiefte seine
druckgraphischen Kenntnisse durch die Teilnahme an mehreren advanced workshops
des Franz Masereel-Centrum, Kasterlee, Belgien, der Rijks Hoger Kunstonderwijs
(Flämische Kunst-Akademie), Brüssel, und der Wimbledon School
of Art, London, wo er 1998 den Grad des Magister Artium (M.A.) erhielt.
Seit 1983 hat Angelo Evelyn als unabhängiger
Künstler in Kanada, Westeuropa und Skandinavien gearbeitet und ausgestellt.
Er lehrte 1990 an der Kunstakademie Trondheim (Norwegen) und 1999-2000
in Strasbourg als ‚Gast-Lektor‘ und gab dort Kurse in Druckgraphik.
1998 gründete er mit zwei deutschen Künstler-Kollegen ein Lithographie-Studio
in Eichstätt, Bayern, das europaweit – und bald auch weltweit –
Künstlerinnen und Künstler als "artist in residence" zu
Arbeitsaufenthalten einlädt.
Einzelausstellungen (Auswahl, seit 1985)
2000 VHS Galerie, Bremen; 1999 Grafisch Atelier
‘t Gooi, Hilversum NL; 1996, Gallery of the IFF, Hilversum NL; 1995 St.
Michael’s Printshop, St. Johns, CND; 1993 Galerie Engramme, Québec
QC, CND; Buskerud Kunstnersenter, Solberg N; 1992 Bibliothèque
National de Quebec, Quebec PQ, CND; 1991 Rogaland Kunstnersenter, Stavanger
N; 1990 Galerie 1515, Biel CH; 1989 Galerie Kühn, Lilienthal/Bremen
D; 1989 Galerie Horneman, Trondheim N; 1987 Rijks Hoger Kunstonderwijs,
Bruxelles B; 1986 Frans Masereel Centrum, Kasterlee B; Graphothek, Bremen;
1985 Die Kommunale Galerie Bremen
Gruppenausstellungen (Auswahl, seit 1989)
2001, Triskel Art Centre, Cork IR; 2000 Vemvloer, Amsterdam
NL; 1999 Stichting Sonsbeek, Arnhem NL; Edinburgh Printmakers, Edinburgh
GB; 1998 Curwen Gallery, London GB; 1997 Werkstatt Galerie, Bremen D; 1995
Galerie Cornelius Herz, Bremen D; 1994 Grafisch Atelier ‘t Gooi, Hilversum
NL; 1992 Royal Museum of Fine Arts, Copenhagen DK; 1989 Trondelag Kunstnersenter,
Trondheim N
Öffentliche Sammlungen
Kommunale Galerie Bremen; Graphotek Bremen; Bonnefanten
Museum, Maastricht NL; Canadian Embassy, Bruxelles B; Musée Régionale
de Rimouski, Rimouski QC, CDN; KUE Bibliothek Eichstätt D; Molde Kunstforeningen,
Molde N; SBK het Gooi, Hilversum, NL; SBK Gelderland, Arnhem NL; SBK Noord
Kennemerland, Alkmaar NL; City Hall, Capelle d/d Ijssel NL.
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